Zur Zeit berichten die Medien fast ausschließlich zu populären Ernährungsformen wie der veganen Ernährung oder der Paleo-Diät. Diese nehmen gesamtgesellschaftlich jedoch (noch) eine Außenseiterrolle ein. Die Masse der Deutschen bevorzugt eine Mischkost, die in größerem Umfang auch Fleisch, Milch und andere tierische Produkte beinhaltet. Der wissenschaftliche Blick auf die Vorteile einer Ernährung, die tierische Produkte gar nicht oder nur in geringem Umfang berücksichtigt, öffnet sich erst langsam. Die große Masse der Ernährungsempfehlungen in den typisch westlichen Industrienationen zielt auf eine Mischkost mit tierischen und pflanzlichen Anteilen.
Vollwertige Ernährung als Reaktion auf die industrielle Revolution
Die industrielle Revolution im 19. Jahrhundert brachte auch gravierende Veränderungern für die Ernährung. Erstmals war es möglich, Lebensmittel im größeren Stil industriell herzustellen, haltbar zu machen und massentauglich zu vermarkten. In Folge dieser Entwicklung gab es erste Überlegungen zu der Qualität von Essen und Trinken. Denn schon damals wurden zu viel Fleisch, Fett, Zucker, Weißmehlprodukte und Gewürze konsumiert. Das Prinzip einer vollwertigen Ernährung entstand. Es diente als Gegenpol zu der in den Augen der Kritiker minderwertigen Massenernährung.
Parallel zu den tiefgreifenden gesellschaftlichen Entwicklungen bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts wurde das Konzept einer vollwertigen Ernährung von verschiedenen Seiten weiterentwickelt. Als Synonyme werden auch die Begriffe Vollwerternährung und Vollwertkost gebraucht. Die Basis dieser Ernährungsform(en) sind pflanzliche und tierische Lebensmittel, möglichst unbehandelt, natürlich und voller Nährstoffe: vollwertig halt.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE)
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung wurde 1953 gegründet. Sie wird weitesgehend von öffentlichen Mitteln finanziert und ist DIE deutsche Institution, die sich öffentlichkeitswirksam mit ernährungswissenschaftlicher Forschung sowie Ernährungsberatung- und -aufklärung beschäftigt. In ihren Reihen finden sich zahlreiche Wissenschaftler namhafter deutscher Institute und Universitäten, Journalisten und Viele mehr. Die DGE veröffentlicht regelmäßig zu Ernährungsthemen. Alle viere Jahre erscheint ein Ernährungsbericht. Wer schon einmal Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr auf Verpackungen gesehen hat, kann davon ausgehen, dass es die sogenannten D-A-CH Referenzwerte sind (Deutschland-Österreich-Schweiz). Diese werden maßgeblich von der DGE mitbestimmt. Die Fachzeitschrift “Ernährungsumschau” ist das Organ der DGE.
Vollwertige Ernährung – der Ernährungskreis
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat den Begriff Vollwertige Ernährung geprägt, der für ein Mischkost-Konzept mit ernährungsmedizinischer Zielsetzung steht. Im sogenannten DGE-Ernährungskreis werden sieben Lebensmittelgruppen unterschieden, denen eine unterschiedliche (Mengen) Bedeutung zuteil wird. Es werden werden folgende Empfehlungen für den Konsum ausgesprochen:
- Getreide, Getreideprodukte, Kartoffeln (täglich; z.B. 200-300 Gramm Brot und 200-250 Gramm Nudeln)
- Gemüse und Salat (täglich mindestens 3 Portionen – 400 Gramm)
- Obst (täglich mindestens 2 Portionen – 250 Gramm)
- Milch und Milchprodukte (täglich 200-250 Gramm fetttarme Milch bzw. Milchprodukte und 2 Scheiben Käse)
- Fleisch, Wurst, Fisch, Eier (wöchentlich 300-600 Gramm Fleisch, ca. 200 Gramm Fisch, bis zu 3 Eier)
- Öle und Fette (täglich 25-45 Gramm pflanzliche Öle. Margarine, Butter)
- Getränke (täglich rund 1,5 Liter energiefrei(-arm)
Vollwertige Ernährung – die 10 Regeln der DGE
Zusätzlich zum Ernährungkreis hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung zehn Regeln aufgestellt, die einige Empfehlungen aus dem Ernährungsgskreis konkretisieren und weitere Hinweise bezüglich Zubereitung etc. geben:
- Die Lebensmittelvielfalt genießen
- Reichlich Getreideprodukte sowie Kartoffeln
- Gemüse und Obst – Nimm „5 am Tag“
- Milch und Milchprodukte täglich, Fisch ein- bis zweimal in der Woche, Fleisch, Wurstwaren sowie Eier in Maßen
- Wenig Fett und fettreiche Lebensmittel
- Zucker und Salz in Maßen
- Reichlich Flüssigkeit
- Schonend zubereiten
- Sich Zeit nehmen und genießen
- Auf das Gewicht achten und in Bewegung bleiben
Mein Fazit
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung ist neben den Einrichtungen der Forschung und Wissenschaft in Deutschland sicherlich die Nummer eins wenn es um ernährungswissenschaftliche Empfehlungen geht. Die D-A-CH Referenzwerte finden sich überall wieder, es gibt kaum eine offizielle Stelle in Deutschland, die sich nicht auf die DGE beruft. Der durchschnittliche Deutsche ernährt sich im Vergleich zu den DGE Empfehlungen schlechter. Vor allem der höhere Konsum von tierischen Produkten, Fetten und minderwertigen Lebensmitteln wie Zucker und ausgemahlenen Mehlen machen die Bilanz kaputt. Obst und Gemüse werden hingegen nicht ausreichend konsumiert. Eine Orientierung an den Empfehlungen der DGE würde bei vielen Deutschen schon zu einer deutllich höheren Nahrungsqualität führen.
Darüber hinaus habe ich allerdings das Gefühl, dass sich die DGE stark an alten, tradierten Ernährungsmustern orientiert. Dies wird gerade für den Konsum tierischer Produkte deutlich. Bestimmt ist das Audruck einer notwendigen “Massentauglichkeit” der Empfehlungen. Kritische Stimmen weisen aber gelegentlich auch in Richtung Nahrungsindustrie und deutscher Agrarrealität. Ich würde mir wünschen, dass wissenschaftlichen Erkenntnissen, die neue Wege gehen (“China Study” und andere), zukünftig mehr Beachtung geschenkt würde.
Quellen und Hintergrund zum Thema vollwertige Ernährung:
- Vollwerternährung (wikipedia.de)
- Deutsche Gesellschaft für Ernährung (wikipedia.de)
- Homepage DGE
- DGE-Ernährungskreis (dge.de)
- Vollwertig essen und Trinken nach den 10 Regeln der DGE (dge.de)
- Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr (dge.de)
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